Netzwerkabend zur EU-Taxonomie

Am Donnerstag, dem 20. Januar 2022 fand unser digitaler Netzwerkabend zum energiepolitischen Thema „Taxonomie – Grünes Label für Gas und Atomenergie“ statt. Die Taxonomie ist keine klassische Regulierung der Energiewirtschaft, sondern ein Klassifizierungssystem, welches festlegen soll, welche Wirtschaftsaktivitäten als nachhaltig gelten sollen. Sie adressiert in erster Hinsicht den Finanzsektor, kann aber auch künftig in anderen Bereichen Anwendung finden. Die entsprechende EU-Richtlinie trat im Jahr 2020 in Kraft und hat die sechs Ziele Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft einschließlich Abfallvermeidung und Recycling, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme. Zu diesen Zielen werden auf EU-Ebene sogenannte „Delegierte Rechtsakte“ verabschiedet, welche nun auch die Energieträger Gas und Nuklear betreffen.

Diesen Kontext ordneten für uns der BWP-Alumnus Michael Wolfram (tätig als Projektreferent, BDI e. V.) und Frau Prof. Dr. Barbara Praetorius (HTW Berlin) ein. Für Deutschlands ist Gas ein wichtiger Übergangsenergieträger der kurz- und mittelfristig den Wegfall von Kernenergie (2022) und Kohlekraft (voraussichtlich 2035-38) kompensieren muss. Verschiedenen Annahmen zufolge werden ca. 20-43 GW an Kapazität für Gaskraftwerke benötigt, welche sich später auf grünen Wasserstoff umstellen lassen sollen. Im Laufe der Debatte stellte sich die Frage, ob die EU-Taxonomie und der dazugehörige delegierte Rechtsakt für Gas und nukleare Energie überhaupt das richtige Mittel sind, da sich generell die Frage der Marktakzeptanz stellt. Zudem sind die in den delegierten Rechtsakt eingebauten Hürden, um als nachhaltig zu gelten, sehr hoch, was die Anwendung in der Praxis erschweren könnte. Zum Schluss könnte sich der Staat gezwungen sehen einzugreifen und das Strommarktdesign zu ändern, um Anreize für den Bau von Kraftwerken zu setzen. Prof. Dr. Praetorius stellte entsprechend fest, es sei wichtig die politische Brücke für die Nutzung des Energieträgers Gas so schmal und kurz wie möglich zu halten. Wie diese politische Herausforderung unter der Maßgabe einer permanenten Energieversorgungssicherheit gelingen kann, war auch Gegenstand der Debatte an unserem Netzwerkabend.